Samstag, 24. Januar 2015
Wann Lernen und Leben gelingen
Reinhard Kahl im Gespräch mit Richard David Precht

Ein philosophisches Gespräch nicht nur über Bildung - aber auch!

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Ausrichtung Blog
Liebe Leserin, lieber Leser
Vielleicht habe ich dich auf diese Seite hingewiesen, vielleicht bist du durch andere oder durch Zufall darauf gestossen.
Was findest du hier?
agito.ch war mal eine Website, die einem innovativen Lernbegleitungsprojekt diente. Die Idee war die, dass Lernbegleitungen (positiver Begriff an Stelle von Nachhilfe) auf Augenhöhe, heute würde man sagen als Peer-Beratung stattfinden soll. In einer Region des Berner Oberlandes haben ein junger Kollege und ich in der Weise eine kleine funktionierende Organisation aufgezogen. Wir haben in dieser Zeit vor allem mit GymnasiastInnen gearbeitet, die sich mit den Lernbegleitungen ein bisschen Taschengeld verdienen konnten, andererseits selber durch unsere Unterstützung zu wichtigen Erkenntnissen und Erfahrungen bezüglich Lernstrategien und Lerntechniken gekommen sind.

Wegen Veränderungen im privaten und beruflichen Bereich hat sich das Tätigkeitsfeld der Vermittlungen nach Bern und Biel verlagert. Vermehrt haben angehende oder junge Lehrpersonen die Lernbegleitungen übernommen.

Mit meiner vollkommenen Ausrichtung der Berufstätigkeit in den Bereich der Weiterbildung (Institut für Weiterbildung und Medienbildung der PHBern) habe ich die Vermittlungsaktivitäten im Bereich Lernbegleitung aufgegeben.

Erst vor zwei Jahren wurde dann die Website neu gestaltet und aus einer reinen InformationsPlattform für an Lernbegleitung Interessierte entwickelt sich nun eine AustauschPlattform für an Bildungsfragen Interessierte.

Es ist meine Absicht, in unregelmässigen Abständen interessante Beiträge zu multiplizieren, eigene Gedanken aufzuzeigen, auf aktuelle Projekte hinzuweisen und zum Austausch anzuregen.

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Auszüge, Gedanken zur Zeitpunkt-Ausgabe „Missbildungssystem“
Enthusiasmus interruptus

Der Vergleich ist der Anfang allen Übels.

Soren Kierkegard


Tatsächlich ist Lernen die menschliche Tätigkeit, die am wenigsten der Manipulation durch andere bedarf. Das meiste Lernen ist nicht das Ergebnis von Unterweisung. Es ist vielmehr das Ergebnis von unbehinderter Interaktion in sinnvoller Umgebung.

Marianne Gronemeyer


Wenn alle auf den Zehenspitzen stehen, sieht niemand besser. Will sagen, die Schule muss ganz unbedingt ihre Veranstaltung so ausrichten, dass nicht alle in ihr reüssieren können. Das ist der Beitrag zur Erhaltung des gesellschaftlichen Friedens. Es ist wahrscheinlich die wichtigste Aufgabe der Schule, dafür zu sorgen, dass diese Sortierung ohne Tumult von statten geht, weil nämlich die Erfolglosen glauben, dass sie sich ihr Versagen selbst zuzuschreiben haben. Es hat eben zu nicht mehr gereicht.

Marianne Gronemeyer


Warum zahlen wir eigentlich Menschen, denen wir unsere Kinder anvertrauen, viel weniger, als Menschen, denen wir unser Geld anvertrauen.

Daniel Straub


Wenn sich die Schule tatsächlich daran machen wollte, allen eine Chance zu eröffnen, das ihnen Gemässe zur Erscheinung und zur Erleuchtung zu bringen und es zu seiner vollen Möglichkeit zu entfalten, dann gäbe es nichts mehr zu zensieren. Denn die Zensur dient ja ausschliesslich dazu, die drop outs zu identifizieren und sie ihrer Selbstachtung zu berauben.
Die Schule ist nicht daran interessiert, an ihren SchülerInnen Könnerschaften zu entdecken und diese für die Bildung aller in Gebrauch zu nehmen, sondern daran sie bei ihren Unfähigkeiten und Unzulänglichkeiten, bei ihren Schwächen, Mängeln und Fehlern zu behaften, denn nur dann kann sie den Glauben an ihre Unentbehrlichkeit nähren.

Marianne Gronemeyer


Erst wenn die Lernlust den Kindern ausgetrieben wurde, werden sie ja schulreif, reif für Beschulung.

Marianne Gronemeyer
Es herrscht die Annahme, dass in der Bildung wie andernorts Konkurrenz der entscheidende Motor ist, um die schüttere Lernbegeisterung aufzumöbeln. Die Schule lehrt, dass mein Lernerfolg umso grösser ist, je mehr andere ich hinter mir lasse. Schulisches Lernen ist ein Nullsummenspiel, bei dem es nicht darauf ankommt, Einsicht und Erkenntnis zu gewinnen, sondern Sieger zu sein.

Marianne Gronemeyer


Die Selektion ist dazu das probate Mittel. Die Schere wird erstmals angelegt beim Übergang vom Kindergarten in die 1. Klasse, erneut am Ende jeden Schuljahres und erlebt einen ersten „Höhepunkt“ beim Wechsel in die Sekundarstufe I. Wer diese Klippe „reifer selektioniert“ übersprungen hat, darf sich schon bald wieder der Herausforderung „Gymnasium“ stellen.
Gerade beim Übertritt in die selektionierten Klassen der Sekundarstufe I ist es doch immer wieder erstaunlich zu sehen, wie Schulen und Gemeinden es regelmässig schaffen, eine ihrem herrschenden Klassensystem gemässe Aufteilung der SchülerInnen in Sekundar-und Realstatus zu erreichen.

Fredi Zumbrunn


Gänzlich selbstverständlich und also unbezweifelt ist auch die Praxis, die Lernenden in Rudeln von Gleichaltrigen zusammenzufassen, weil man glaubt, so das Lernen zu optimieren. Aber wieso soll ich die besten Lernbedingungen dann vorfinden, wenn ich ganz unter meinesgleichen bleibe? Es ist ja im Gegenteil nicht sehr anregend, wenn lauter Gleichaltrige die gleichen Aufgaben vorgesetzt bekommen und alle an den selben Standards gemessen werden. Solche Vereinheitlichung dient keinesfalls ihrer Bildung, sondern schafft die Möglichkeit, Lernen verfahrensmässig zu organisieren und die Vergleichbarkeit der Lernenden sicherzustellen.

Marianne Gronemeyer


Zum schulischen Ritual gehört weiter unverrückbar dazu, dass das Lernen in 45 Minuteneinheiten zerhackt wird. Wehe, wenn sich wider Erwarten doch ein Interesse am Gegenstand regt, wenn die SchülerInnen sich verfangen und in eine Sache mit Leib und Seele hineingeraten. Die Schulglocke sorgt dafür, dass sie schnell wieder abgekühlt werden. Enthusiasmus interruptus.

Marianne Gronemeyer


All das ist fatal und macht die Schule zu einem unwirtlichen, ungastlichen Ort, an dem die Möglichkeit, sich zu bilden, der Möglichkeit, entweder Erfolge einzuheimsen oder zu versagen, geopfert wird.

Marianne Gronemeyer

Die Schule ist ein Ort, in dem die Menschen nicht dürfen, was sie sollen. Nicht zu dürfen, was man gleichzeitig soll, das ist in der Tat eine Situation, auf die man nur in dreierlei Weise reagieren kann. Man kann an ihr krank werden, man kann gewalttätig werden oder sich in völlige Gleichgültigkeit flüchten.

Marianne Gronemeyer


Sie sollen lernen, sich sozial und rücksichtsvoll, kooperativ und solidarisch zu benehmen, aber belohnt werden sie dafür, dass sie andere in der härter werdenden Konkurrenz des Ausbildungsalltags zur Strecke bringen.
Der Lernerfolg misst sich nicht nach dem, was ihnen aufgegangen ist, oder was sie beunruhigt oder zum Zweifel ermutigt hat, was Fragen hat entstehen lassen, die sie unbedingt weiter verfolgen wollen, sondern eben diesen bedrohlich schwankenden Bewegungen auf der Vergleichsskala, die ihnen jeden Mitbewerber um die begehrten Spitzenpositionen brenzlig werden lassen.

Sie sollen lernen, Verantwortung zu übernehmen, aber sie leben in einer Welt, in der es für sie nichts zu verantworten gibt, weil alles so unverrückbar feststeht, dass sie nur noch befolgen können, was ihnen vorgeschrieben ist. Der Radius ihres Wirken-Könnens ist ja nicht annähernd so gross, wie der ihres Bewirkt-Werdens.

Sie sollen lernen, Vertrauen zu haben und zuversichtlich zu sein, erfahren aber beständig, dass man ihnen nicht traut, weshalb sie mit Kontrolle und Überwachung drangsaliert und mit Zensuren diszipliniert und entwertet werden.

Sie sollen kreativ und erfinderisch sein, werden aber mit Dingen überschüttet, und in Verfahren eingefädelt, die jede eigene Idee im Keim ersticken.

Sie sollen redlich und aufrichtig sein und werden von Kindesbeinen daran gewöhnt, sich vorteilhaft ins Bild zu setzen, Schwächen und Scheitern gut zu kaschieren und an sich nur gelten zu lassen, was gefällt.

Sie sollen Persönlichkeit entwickeln, erfahren aber, dass sie nur noch als Kontoposten in Budgetkalkulationen vorkommen. Nicht wer sie sind, steht in Frage, sondern wie viel sie kosten.

Es geht nicht darum, es etwas besser zu machen, sondern es ganz anders zu machen, im Abseits, im Windschatten, bei jeder Gelegenheit.

Was wir den Jüngeren am sträflichsten vorenthalten, ist nicht der Lebensspass, sondern die Teilhabe am Lebensernst, die Erfahrung, dass es auf sie wirklich ankommt.

Marianne Gronemeyer


Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Fackeln, die entfacht werden wollen.

Rabelais

Zur Tilgung der Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit der Schuleinwohner werden die hochgelobten Standards etabliert, die alle vergleichbar machen sollen.
Was die Schule ausmacht ist eben nicht mehr, dass sie aus verschiedenen Menschen gebildet wird. Stattdessen ist nur noch die Rede von Verfahren, von Evaluationen, Modularisierung, Schlüsselqualifikationen, Credit Points, Vergleichbarkeiten, Angebotsprofilen, effizienten Kontrollen, Qualitätssicherung und Marktchancen.

Marianne Gronemeyer

Die Maschinierung des Lernens schreitet voran und wie bei aller Maschinierung ist die Besonderheit, der Einzelfall, die Singulariät ein Störelement. Vereinheitlichung und Wiederholbarkeit sind die Prinzipien maschinellen Funktionierens.
Was wäre, wenn unser lebhaftestes Interesse nicht der Vergleichbarkeit aller, sondern der vollkommenen Unvergleichlichkeit, der absoluten Einzigartigkeit eines jeden einzelnen gälte?
Was wäre, wenn wir der Überraschung, dem Unerwarteten und Stauneswerten in der Schule Gastrecht gewährten?
Was wäre, wenn wir statt der alles durchherrschenden Konkurrenz der Freundschaft und der Befreundung Vorrang gäben?
Was wäre, wenn wir also die Schule als einen gastlichen Ort begriffen, in dem die Gastfreundschaft das Miteinander regelt?
Und was wäre, wenn an die Stelle der Wissensvermittlung und Qualifikation das Denk

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